Metallgewinnung und Steinbrüche in Noricum

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Gold aus Noricum

Goldgewinnung vor den Römern in Noricum

Das älteste historische Zeugnis für die Goldgewinnung liefert die vom Historiker Strabon nach Polybios zitierte Quelle, wonach im 2. Jh. v. Chr. norische Taurisker gemeinsam mit Italikern nahe Aquileia eine in Tagbau erschlossene Goldader ausbeuteten und durch die so am Markt befindlichen Goldmengen ein Preisverfall in Italien verursacht wurde. Die Taurisker trennten sich darauf hin von ihren italischen Partnern und verhängten ein Monopol auf den Goldabbau. Darüber hinaus ist Goldwäscherei im Umkreis der nicht lokalisierten Stadt Noreia im späten 2. Jh. v. Chr. überliefert.

Goldgewinnung unter den Römern in Noricum

Von Bedeutung für die Wirtschaft der römischen Provinz Noricum war die Gewinnung von Gold nachweislich im frühen 1. Jh. n. Chr. Das in der Siedlung am Magdalensberg unter der Herrschaft des Gaius Caesar (Caligula, 37-41 n. Chr.) verarbeitete Gold stammte entsprechend den naturwissenschaftlichen Analysen aus der Tauernregion in Zentralnoricum. Über den bergmännischen Abbau von Gold ist in Noricum nichts bekannt, der Tagbau von Grabgold und die Gewinnung von Waschgold ist aufgrund der Vorkommen für Zentral- und Südostnoricum vorauszusetzen.

Aufbereitung von Gold in Noricum

Die Verarbeitung des Rohstoffs Gold zu Barren wird in der Siedlung am Magdalensberg durch die Funde der beiden Gussformen für Goldbarren am besten veranschaulicht. Die Datierung in die Regierungszeit des Gaius Caesar (Caligula, 37-41 n. Chr.) wird durch die Inschrift in den Gussformen und somit auf den zu fertigenden Barren verdeutlicht: C(aii) Caesaris Aug(usti) Germanici imp(eratoris) ex Noric(is metallis oder auraris). Die Barren wogen zwischen 5,6 kg und 14,5 kg. Mit der Aufbereitung von Gold wird auch eine Werkstatteinheit südlich des Forums der Siedlung auf dem Magdalensberg in Verbindung gebracht. Im Werkraum AA/41 konnten 15 auf Leistenziegeln eingerichtete Öfen dokumentiert werden, die für das Schmelzen von Gold während des frühen 1. Jhs. n. Chr. (15 n. Chr. bis um 50 n. Chr.) bestimmt waren.

Magdalensberg, Lage der Goldgießerei

Magdalensberg, Gussform für Goldbarren

Magdalensberg, Schmelzöfen

 

Eigentümer der Goldvorkommen in Noricum

Die kaiserliche Oberhoheit über den Rohstoff Gold wird durch die Inschrift in den Gussformen und somit auf den zu fertigenden Barren aus der Siedlung am Magdalensberg verdeutlicht: C(aii) Caesaris Aug(usti) Germanici imp(eratoris) ex Noric(is metallis oder auraris).

Bergleute und Bergwerkssiedlungen des Goldabbaus in Noricum

Weder über die Bergarbeiter noch über deren Siedlungen liegen Quellen vor.

 

Eisen aus Noricum

Eisengewinnung vor den Römern in Noricum

Strabo berichtet über die nicht lokalisierte Stadt Noreia, dass neben der Goldwäscherei auch ergiebige Erzgruben diesen Ort auszeichneten. Spätkeltische Eisenverarbeitung ist anhand von Fundorten in Nordwestnoricum zu erfassen: Auf dem Bürgkogel bei Kaprun wurde ein diskusförmiger Eisenbarren gefunden, in Walchen konnte ein Röstbett für die Eisenerzverhüttung festgestellt werden, in Uttendorf neben drei Schmelzöfen desgleichen ein Röstbett.

Eisengewinnung unter den Römern in Noricum

Das bedeutendste Abbaugebiet für das ferrum Noricum ist im Raum zwischen Hüttenberg und Mösel, Südnoricum, zu lokalisieren. Dass ein Abbau auch unter Tag erfolgte, zeigt der Fund von Münzen des Gallienus in einem Hüttenberger Stollen, Untersuchungen zum speziellen Aussehen der römischen Stollen liegen nicht vor. Die Gewinnung von Eisenerz im Tagbau dürfte ein übliches Phänomen gewesen sein. Verhüttungsschlacken sind in vielen Bereichen von Noricum belegt, so beispielsweise in Lentia-Linz und Hallstatt (Nordnoricum) sowie Gleisdorf, Pichling bei Köflach, Feldkirchen und Baldersdorf (Südnoricum).

Aufbereitung von Eisen in Noricum

Im Raum Mösel-Raffelsdorf, Südnoricum, wurden Eisenschmelzöfen dokumentiert, welche bereits in die zweite Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. bzw. in die erste Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. datieren könnten. Das Schmelzen des Rohstoffs und die Trennung der festen Luppe von der Schlacke erfolgte bei 1100 bis 1300コ in den bis zu 1,6 m im Durchmesser weiten Rennöfen, welche in Mösel mehrfach Verwendung fanden und nicht nach dem einmaligen Schmelzvorgang aufgebrochen wurden. Dies zeigen die Schmelzspuren an der Innenwand der Öfen. Ein Röstprozess vor dem Schmelzen ist für die in Mösel verhütteten Rohstoffe nicht zwingend nötig.

Neben fünf dieser am Ufer des Görtschitzbachs errichteten Rennöfen konnten auch Siedlungsspuren festgestellt werden. Mit den Befunden von Feldkirchen vergleichbare Schlackeschichten liegen in Mösel unter einem Gebäude mit Fußbodenheizung des 2. Jhs. n. Chr. Die terminus-post-quem-Datierung der Schlackehalden unter diesem Gebäude zeigt eine Münze des Nerva der Jahre 96/98 n. Chr.

Mösel, Eisenverhüttungsöfen

Mösel, Eisenverhüttungsofen

Mösel, Gebäude auf Schlackehalde

Eine frührömische Aufbereitung von Roheisen ist gleichfalls in der Straßen-/Gewerbesiedlung von Feldkirchen, Südnoricum,

nachzuweisen, wo umfangreiche Schlackehalden in die Zeit zwischen 15 und 45 n. Chr. datieren. Das Werkareal mit Rennöfen lag am Flussufer, die Situation ist also mit jener von Mösel sehr gut vergleichbar. Darüber hinaus ist eine Analogie zum Befund von Mösel auch darin festzustellen, dass über den Ablagerungen von Schlacken und Rennofenresten Wohngebäude mit Fußbodenheizung errichtet wurden.

Feldkirchen,Verhüttungsöfen und Schlackehalden

Feldkirchen, Schlackehalden

Feldkirchen, Gebäude auf Schlackehalde

 

Eigentümer der Eisenvorkommen in Noricum

Der überregional gefragte und entsprechend den historischen Quellen insbesondere zur Herstellung von Schwertern, Messern, Jagdwaffen und medizinischem Gerät herangezogene norische Stahl (Ferrum Noricum) wurde im 1./2. Jh. n. Chr. unter der Kontrolle eines conductor ferrariarum Noricarum vertrieben, der als der Pächter der Eisensteuer bzw. als Pächter der Eisengruben zu verstehen ist. Soweit über die sonstige Stellung dieses römischen Bürgers Informationen vorhanden sind, ist auf einen hohen Beamten zu schließen, der nicht aus Noricum stammt. Die Angestellten des conductor ferrariarum Noricarum sind Familienmitglieder, freie Bürger oder Sklaven. Namentlich bekannt sind uns in der Position des conductor ferrariarum Noricarum fünf Personen, wovon zwei gesichert Verbindungen zu Aquileia aufwiesen. Sieht man von der Inschrift aus Aquileia ab, sind alle weiteren Nennungen im Umfeld der Provinzhaupstadt Virunum und nahe des wichtigsten Eisenabbaus bzw. der Eisenverhüttung in Südnoricum zu Tage getreten, so beispielsweise die Inschrift von Wieting rund 1,5 km vom Verhüttungsort Mösel, jene von Friesach 11 km vom Abbau Hüttenberg und jene von Tiffen rund 3 km vom Verhüttungsort Feldkirchen:

Tiberius Claudius Macro (Inschrift aus Aquileia)

Marcus Trebius Alfius (eques, praefectus iure dicundo von Aquileia) (Inschrift aus Tiffen, Südnoricum)

Quintus Septueius Clemens (Inschrift aus Hohenstein, Südnoricum)

Quintus Calpurnius Phoebianus (Inschrift aus Friesach, Südnoricum)

Campilius Verus (Inschrift aus Wieting, Südnoricum)

Bergleute und Bergwerkssiedlungen des Eisenabbaus in Noricum

Weder über die Bergarbeiter noch über deren Siedlungen liegen Quellen vor.

 

Marmor aus Noricum

Marmorgewinnung unter den Römern in Noricum

Gehen die Wirtschaftszweige der Gold- und Eisenerzgewinnung auf vorrömische keltische Wurzeln zurück, ist der Abbau von Marmor ein typisch römisches Phänomen, welches ab dem Beginn des 1. Jhs. n. Chr. zu erfassen ist. Die in Südnoricum ausgebeuteten, teils überregional bedeutenden Marmorvorkommen sind Gummern und Manteln-Šmartno na Pohorju, des weiteren u.a. Kainach/Salla, Spitzelofen, Kraig, Tentschach, Tiffen und Treffen. In Nordnoricum sind insbesondere der Abbau des Untersberger und Adneter Marmors im Umland des Municipium Iuvavum-Salzburg hervorzuheben.

Südnoricum, Marmorvorkommen

 

 

Abbautechniken von Marmor in Noricum

Römische Abbauspuren in Spitzelofen lassen aufgrund der Schrämmspuren und der noch vor Ort anstehenden teilbearbeiteten Blöcke darauf schließen, dass der Abbau blockweise unter Zuhilfenahme von Eisen- bzw. Holzkeilen auf unterschiedlichen Arbeitsterrassen erfolgte. Eine Bearbeitung des so gewonnenen Rohstoffs bereits im Steinbruchareal bezeugen beispielsweise in Gummern die Funde von halbfertigen Werkstücken, ein Altar und Altaraufsätze.

Spitzelofen, Marmorsteinbruch

Šmartno na Pohorju, Saxanus-Altar

Transport von Marmor in Noricum

Die weite Verbreitung insbesondere des Marmors aus Gummern und Pohorje wird neben der guten Qualität des Rohstoffs insbesondere durch die Lage der Steinbrüche an Flüssen bzw. Bächen und den somit bestmöglichen Transport begründet. Gerade der unmittelbar an der Drau gebrochene Marmor von Gummern konnte somit flussabwärts beispielsweise bis an den gleichfalls an der Drau gelegenen Legionsstandort Poetovio-Ptuj in Pannonien transportiert werden. Das Verhandeln von Halbfertigprodukten ist zum einen anhand der Werkstücke in Gummern selbst und zum anderen anhand eines bis auf das Relief fertigen Teils eines Sarkophags aus Gummerner Marmor in Poetovio-Ptuj zu belegen.

Poetovio-Ptuj, Sarkophagteil

Handel mit Marmor aus Noricum

Der Marmor aus Gummern dürfte am weitesten verhandelt worden sein, wobei der Handel Drau abwärts bis Poetovio-Ptuj und darüber hinaus in Pannonien aufgrund petrographischer Untersuchungen erwiesen ist. In Nordnoricum sind insbesondere der Abbau des Untersberger und Adneter Marmors nahe Iuvavum-Salzburg bedeutsam, zumal diese den Rohstoffe für die Mosaikwerkstätten von Iuvavum-Salzburg lieferten und regional bis nach Ovilavis-Wels verhandelt wurden.

Für den Steinbruch von Gummern ist aufgrund der nach Poetovio-Ptuj exportierten Rohstoffe bzw. Halbfertigprodukte nachzuweisen, dass der Abbau bereits zu Beginn des 1. Jhs. n. Chr. erfolgte. Der Abbau in Pohorje setzte ab den zwanziger Jahren des 1. Jhs. n. Chr. ein.

Eigentümer der Marmorvorkommen in Noricum

Mit dem Marmorabbau in Tentschach nahe der Provinzhauptstadt Virunum wird C. Bottius Mercator, [a]edilicius, in Verbindung gebracht, der in einer Grabinschrift von Großbuch bei Tentschach (nahe der Abbaustelle) genannt ist.

 

Steinbrucharbeiter und deren Siedlungen in Noricum

Über das Aussehen der Siedlungen ist nichts bekannt, allerdings sind einige wenige Steinbrucharbeiter durch Weiheinschriften überliefert:

Gummern: Sklaven Messor und Postumus. Sklaven (?) Cautus, Hoponinus, Pusinnus. Peregriner (?) Rufinus.

Spitzelofen: Adiutor, Secundinus.

Šmartno na Pohorju: Aurelius Aprilis, Aurelius Ursulus, Aurelius Angulatus.

 

Metallgewinnung und Steinbrüche im Überblick

Zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen in Noricum zählten der Gold- und Eisenabbau. Das italische Interesse an diesen Rohstoffen ist historisch bis in das 2. Jh. v. Chr. zurückzuverfolgen, unter römischer Herrschaft wurden die Vertriebsformen modifiziert. Die Goldgewinnung befand sich unter kaiserlicher Oberhoheit, die Eisensteuer wurde staatlicherseits an Private, sogenannte conductores ferrariarum Noricarum verpachtet. Ein typisch römisches Phänomen war die Ausbeutung der Marmorvorkommen in Noricum, wobei die verkehrsgünstig an Flüssen gelegenen Aufschlüsse in Südnoricum über die Provinzgrenze hinaus bedeutsam waren.

H. Sedlmayer

 

Literatur

B. Djurić, In Saxanus´ Welt, in: Katalog "Rimljani. Steklo, glina, kamen. Die Römer. Glas, Ton, Stein", Pokrajinski muzej Celje (2004) 147-191.

B. Djurić - B. Hebert u.a., Marmore römischer Brüche und Steindenkmäler in der Steiermark und in Štajerska, FÖ 43, 2004 (2005) 365-431.

H. Dolenz, Eisenfunde aus der Stadt auf dem Magdalensberg, AForschMB 75 (1998).

R. Egger, Aus römischen Grabinschriften, Sitzungsbericht, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse 252 (1967).

A. Galik - Ch. Gugl - G. Sperl, Feldkirchen in Kärnten. Ein Zentrum norischer Eisenverhüttung, AForsch 9 (2003).

F. Glaser - S. Schretter, Antikes Wirtschaftsleben auf dem Boden Kärntens, Kärntner Landeswirtschaftschronik (Klagenfurt 1992).

F. Glaser, Antike Eisengewinnung in Noricum, in: Metallgewinnung und -verarbeitung in der Antike (Schwerpunkt Eisen) (Nitra 2000) 49-62.

F. Moosleitner, Die Salzburger Gebirgsgaue in der Latènezeit, in: E. Jerem u.a. (Hrsg.), Studien zur Eisenzeit im Ostalpenraum, Archaeolingua 1 (1996) 245-253.

G. Piccottini, Gold und Kristall am Magdalensberg, Germania 72/2, 1994, 467-477.